Rückblick auf die 4. Netzwerktagung Medienkompetenz Sachsen-Anhalt
Bereits zum vierten Mal fand am 18. und 19. Oktober 2017 die Netzwerktagung Medienkompetenz Sachsen-Anhalt statt. Über 300 Vertreter/-innen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft sowie medienpädagogisch Aktive kamen in der Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften zusammen, um gemeinsam aktuelle Trends, Forschungsansätze und Entwicklungen auf dem Gebiet der Medienbildung zu erörtern. Bei der ausgebuchten Veranstaltung mit einer breiten Themenpalette in 17 Panels und 5 Roten Sofas diskutierten die Anwesenden über die Kernfrage, wie der Weg zur digitalen Bildungsgesellschaft gemeinsam beschritten werden kann.
Im Fokus standen die Themenbausteine medien | netzwerken | lernen. Begleitet wurde die Tagung auch dieses Jahr von einem wissenschaftlichen Beirat. Hierfür konnten Prof. Dr. Stefan Iske (Otto-von-Guericke Universität Magdeburg) und Prof. Joachim von Gottberg (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) als wertvolle Impulsgeber, Referenten und Diskutierende gewonnen werden. Das Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA) und die Servicestelle Kinder- und Jugendschutz von fjp>media bereicherten als Kooperationspartner die Netzwerktagung mit eigenen Panels und Workshops.
Dass Medienkompetenzvermittlung in einer von Medien geprägten Welt eine komplexe und stets dynamische Aufgabe ist, zeigte sich in spannenden Vorträgen, praxisnahen Workshops und teils kontrovers geführten Diskussionsrunden. Hier wurde deutlich, dass sich Chancen und Risiken der Digitalisierung für den privaten, schulischen und beruflichen Alltag oft ambivalent gegenüberstehen – bspw. bei sprachbasierten Assistenzsystemen, In-App-Käufen in Kinder-Apps, vernetztem Spielzeug oder Hate-Speech und Fake-News. Vor allem beim Letzteren waren sich die Diskutierenden schnell einig: diese Begriffe erfahren zurzeit einen medialen Hype, der eine rationale Analyse dieser keineswegs neuen Phänomene besonders wichtig macht.
Mit der intensiven Förderung eines demokratischen Bewusstseins und medienkritischen Denkens kann solchen Entwicklungen nachhaltig begegnet werden, so der gemeinsame Tenor der Diskutierenden. Vielfältige Konzepte würden bereits existieren, um den drängenden Problemen sowohl politisch als auch pädagogisch zu begegnen. Es sei jedoch von enormer Bedeutung, verbindliche Strukturen für Präventionsarbeit aufzubauen.
Vor diesem Hintergrund stellte sich bei der Tagung die Frage, wie Medienbildung zukünftig in Sachsen-Anhalt flächendeckend etabliert werden kann. Denn neben einer ganzen Reihe von Problemen, welche die Digitalisierung mit sich bringt, ist es auch von immenser Bedeutung, die großen Chancen für die Bildungslandschaft zu erkennen und nutzbar zu machen. Die Potenziale für Bildungsprozesse sind seitens der Politik bereits erkannt worden. Mit dem Strategiepapier „Bildung in der digitalen Welt“ hat die Kultusministerkonferenz (KMK) eine Richtlinie für landesweite Aktivitäten im Bereich der Medienbildung vorgelegt. Mit dem Beschluss der Digitalen Agenda für das Land Sachsen-Anhalt im Dezember 2017 ist die Landesregierung bestrebt, die Strategie der KMK konsequent umzusetzen. Dabei nimmt Medienkompetenzvermittlung neben dem flächendeckenden Breitbandausbau bis 2020 einen wichtigen Baustein bei der Umsetzung der digitalen Agenda ein, so Dirk Nebel vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung bei seinem Impulsvortag am zweiten Tag der Netzwerktagung. Das Konzept sieht vor, Medienbildungsprogramme bereits in den Kindergärten zu fördern. Außerdem sollen schon im kommenden Schuljahr 2018/2019 digitale Medien als Lernwerkzeuge für Schulen verbindlich eingesetzt werden. Künftig werden die Fachlehrpläne für alle Schulformen an die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in Bezug auf digitale Medien angepasst. Ferner sollen schulinterne Medienbildungskonzepte erarbeitet werden, die sowohl die Schüler-/innen mit ihrer Lebenswelt als auch die Lehrkräfte mit spezifischen Fortbildungen einbeziehen.
Seit der ersten Netzwerktagung im Jahr 2011 hat sich einiges in der strategischen Ausrichtung von Medienbildungsmaßnahmen in Sachen-Anhalt getan. "Mein Eindruck ist, dass wir im Grunde genug Papiere und Strategien haben. Es fehlt an Maßnahmen. Wir müssen von der Theorie in die Praxis kommen", kritisierte beispielsweise der Landesdatenschutzbeauftragte Dr. Harald von Bose die Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Medienbildung/-kompetenz. Vor dieser enormen Herausforderung stünden nun die Vertreter/-innen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft sowie medienpädagogisch Aktive im Land. Die digitale Transformation würde zudem ein komplettes Umdenken für das Lernen im digitalen Zeitalter fordern. Nur mit neuen Bildungskonzepten könne man an den Lebenswelten der Schüler/-innen anknüpfen. Wie das ganz konkret in der praktischen Arbeit funktioniert, konnten die Teilnehmer-/innen bei dem Methodenkoffer-Workshop und bei den fünf Roten Sofas auf der Netzwerktagung erfahren und ausprobieren.
Es mangelt keineswegs an innovativen und erprobten Methoden, die digitale Medien als Lehr- und Lehnwerkzeuge einsetzen. Lehrende müssen sich für Themen der Medienbildung öffnen und entsprechend methodisch und didaktisch aus- und fortgebildet werden. Zusätzlich besteht die Notwendigkeit, diese Themen bereits in der Lehrerausbildung verpflichtend zu verankern. Nicht zuletzt sind eine gesicherte Finanzierung, stabile Förderstruktur, flächendeckende digitale Versorgung sowie aktive Netzwerkarbeit für nachhaltige Erfolge im Land notwendig. So lauten die wichtigsten Forderungen der Referenten/-innen und Besucher/-innen der Veranstaltung.
Bildungsminister des Landes Sachsen-Anhalts Marco Tullner (CDU) äußerte sich bei der Abschlussdiskussion zu den finanziellen Voraussetzungen und den technischen Ausstattungen optimistisch: „Um Ressourcen mache ich mir keine Sorgen. Breitband und die technische Ausstattung – da werden wir einen großen Schritt machen. Wir müssen aber auch wissen, welche relevanten Inhalte und Lernstrategien es gibt.“ Mehr inhaltliche Auseinandersetzung mit Medien und eine zielgerichtete Implementierung der Medienpädagogik in schulische und außerschulische Bildungskontexte wünschten sich ebenfalls die wissenschaftlichen Beiräte Prof. von Gottberg und Prof. Dr. Iske.
Die 4. Netzwerktagung Medienkompetenz brachte Menschen und Argumente zusammen, die neue aber auch bekannte Herausforderungen, Prozesse und Forderungen sichtbar machten und die uns alle motivierten, gemeinsam den Weg in die digitale Bildungsgesellschaft zu beschreiten.
Audiomitschnitte aller Panels der 4. Netzwerktagung Medienkompetenz sind auf der Seite des Netzwerks Medienkompetenz Sachsen-Anhalt sowie auf dem Twitter- und Facebook-Kanal der Tagung zu finden. Auch das Medienkompetenzportal des MDR – Medien360G berichtete crossmedial von der Veranstaltung.